1984 wurde ich mit an Taubheit grenzender
Schwerhörigkeit geboren. Ich bekam meine ersten Hörgeräte, damals
Tieftonhörgeräte mit 11 Monaten und ein knappes halbes Jahr später 2
Phonak Hörgeräte mit denen ich sehr wenig gehört habe. Ich war in dieser
Zeit absolut auf ein gutes Mundbild angewiesen. Durch Hör- und
Sprechübungen begann ich mit zwei Jahren die ersten Wörter zu sprechen.
Die Audiogramme ergaben einen Hörbereich links bis 2000 Hz bei 110 dB
und rechts 500 Hz bei 120 dB.
Mit fortgeschrittener Entwicklung der Hörgerätetechnik, parallel zu
Frühförderung und intensive Lese- und Sprachübungen im Familienkreis,
wurde meine Sprache besser. Ich lernte von den Lippen ablesen und habe
schon früh den Kontakt zu anderen Menschen gesucht. Oft fiel es mir
schwer sie zu verstehen, weil sie Dialekt oder zu schnell sprachen.
Da ich in einer kleinen Gemeinde wohne, konnte ich mit meinen
Spielkameradinnen den Regelkindergarten besuchen. Mit der Vorschulgruppe
wurde ich dann auch in der Regelschule eingeschult, wechselte aber nach
einem Jahr in die Schwerhörigenabteilung der August-Violet Schule für
Hör-/ Sprachbehinderte in Frankenthal, weil die Klassengröße und die
Lautstärke ein Lernen für mich nur unter großer Mühe möglich machten.
In Frankenthal hatte ich gute Leistungen und mein Sprach- und Wortschatz
wuchs stetig. Bis dahin trug ich noch immer Hörgeräte im Hörbereich bis
2000 Hz.
Meine Eltern sind 1995 auf das Cochlear Implantat aufmerksam geworden.
Nach ausgiebiger Information über die verschiedenen Systeme, wir waren
in mehreren Universitätskliniken, ärztlicher Untersuchung und Beratung,
haben wir uns für ein Implantat von der Firma MED-EL entschieden. Die
Operation wurde erfolgreich in der Universitätsklinik Würzburg von
Oberarzt Dr. Müller und Professor Helms durchgeführt, die aus
Vorsichtsgründen das schlechter hörende Ohr implantierten. Falls es
wider Erwarten Komplikationen gegeben hätte, wäre das rechte „bessere“
Ohr erhalten geblieben.
Das Hören verbesserte sich links rapide und bereits nach einem Jahr
konnte ich mit meinen Eltern telefonieren. Plötzlich konnte ich Töne
hören, z. B. Vogelgezwitscher, Blätterrauschen und Umweltgeräusche, was
vorher nie möglich war. Das Hörgerät für das rechte Ohr habe ich ganz
schnell weggelegt, da es mich nun irritierte.
Der Erfolg war so groß, dass wir mit unserem Wunsch, auch das bessere
Ohr mit CI zu versorgen, bald auf offene Ohren stießen. Mit großer
Unterstützung von der Uni Würzburg und MED-EL bekam ich nach nach 2
Jahren ein zweites, gleiches CI. Ich musste nun das zweite Ohr mit CI
wie das erste trainieren, was mir zunächst nicht klar war. Das Hören mit
beiden Geräten klappte immer besser.
Im Sommer nach der zweiten Implantation wechselte ich in die Realschule
für Schwerhörige nach Trier. Meine Klasse besteht aus vorwiegend
schwerhörigen Kindern, nur ein Mitschüler und ich tragen ein CI. Der
Unterricht wird rein lautsprachlich gestaltet. Ich habe dort keine
Probleme mit dem Lernstoff und fühle mich wohl.
Im Fernsehen kann ich deutsche Filme gut verstehen in Verbindung mit dem
Mundbild der Darsteller. Auch im Auto verstehe ich jetzt trotz
Motorengeräusch oftmals Sprache aus dem Radio.
Diesen Erfolg verdanke ich dem CI, das es mir ermöglicht, in der
„Hörenden Welt“ ohne ständiges Lippenablesen zu hören. Meine Eltern
hinterfragen noch oft, ob ich verstanden habe, weil ich sie nicht mehr
im Gespräch anschauen muss. Wir verstehen uns einfach im Dunkeln. Der
einzige Nachteil waren die Kabel, das umständliche Anziehen der beiden
Sprach-Prozessoren und die Leute, die mich ansprachen, ob ich immer
einen Walkman trage.
Heute bin ich mit meinen beiden HdO Geräten „unplugged“ (schnurlos),
kann mich frei bewegen, und kann noch besser hören und hoffentlich im
Sommer kurze Pullis anziehen. Ich freue mich bereits auf die
zusätzlichen Möglichkeiten, die mir die Zukunft vielleicht noch bringt.
Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung |
Kleine Lauscher
Hessische Elterninitiative zur lautsprachlichen Förderung
hörgeschädigter Kinder e. V.
www.kleine-lauscher.de
info@kleine-lauscher.de
01.07.2000
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